(Sorry, only German version available) Hybrid Encounters Kunst und Forschung zwischen DNA und Programmiercode Lecture-Performance-Reihe im Winter 2008/09 Muffathalle München Hybrid Encounters ist eine Vortrags-Performance-Reihe, die sich eingehend der „hybriden Kunst“ widmet. „Hybride Kunst“ ist eine junge Kunstkategorie, unter der man transdiziplinäre Projekte und Arbeitsweisen in der zeitgenössischen Kunst zu fassen versucht, in deren Mittelpunkt der Einsatz von unterschiedlichen Medien, vor allem im Bereich der neuen Technologien, sowie das Überschreiten der Grenze zwischen Kunst und wissenschaftlicher Forschung stehen. Diese hybride künstlerische Praxis wird schon lange in der Kunst mit neuen Medien verfolgt. Doch in den letzten Jahren hat sie deutlich an Fahrt und Wirkung gewonnen, insbesondere durch den öffentlichen Ethik-Diskurs zur Gentechnik und Phänomene wie den Klimawandel und das daraus resultierende wachsende Bewusstsein für die Folgen menschlicher Eingriffe in die Natur. Künstler übertreten immer leichter die vormals scharf gezogenen Grenzen zwischen den Kunst und Forschung und entwickeln eine Praxis, die sich einer eindeutigen Kategorisierung, Kommerzialisierung und auch dem klassischen Ausstellungsbetrieb der Kunstinstitutionen verweigert. Oft als Künstler und Forscher in einer Person loten sie die Möglichkeiten des Experiments in noch nicht da gewesener Weise aus. Künstler und Gestalter, die an dieser Schnittstelle von Kunst und Forschung arbeiten, stellen so wichtige Fragen, welche die Wissenschaft alleine weder stellen noch beantworten würde. Die Reihe Hybrid Encounters geht zum Beispiel Fragen nach wie: Sollten sich Maschinen menschlicher verhalten? Wären wir zugunsten der Erderwärmung und der Schonung natürlicher Ressourcen bereit, Fleisch zu essen, das mithilfe von Biotechnologie industriell hergestellt wird? Können Fische und Menschen tatsächlich über Gehirnwellen miteinander kommunizieren und wenn ja, wie hört sich das an? Wie sieht Kunst aus, die aus künstlich gezüchteter Haut besteht? An drei Abenden trifft jeweils ein Künstler mit einem Wissenschaftler/Theoretiker zusammen, um in einer dialogischen Vortrags-Performance ihre künstlerische Arbeit und Forschungsprojekte vorzustellen. Die Dialogpartner beziehen sich in ihren Beiträgen auf einander und demonstrieren so das kreative Spannungsfeld zwischen Kunst und Forschung. Einerseits wissenschaftlich und informativ werden die Abende das Publikum andererseits mit Live-Experimenten und performativen/künstlerischen Acts überraschen. Hybrid Encounters wurde konzipiert von Dr. Susanne Jaschko, Kuratorin am Netherlands Media Art Institute. Die Veranstaltungen sind in englischer Sprache ohne Übersetzung. Termine: 25. November 2008 Kunst mit Biomedien: Von „opferlosen“ Steaks und lebendiger Ästhetik Jens Hauser (DE) und Oron Catts (AUS) Künstler sind in den Labors. Biotechnologie ist nicht mehr bloß Thema oder Metapher, sondern Gestaltungsmittel. Die Spezies dieser jüngst heranwachsenden Kunst zweckentfremdet biotechnologische Methoden und stellt unsere tradierten Menschen- und Körperbilder zur Debatte. Seien es Transgenese, Synthese künstlicher DNA-Sequenzen, Zell- und Gewebekultur, physiologische Selbst-Experimente, Neurophysiologie, oder der subversive Umgang mit Visualisierungstechniken der Molekular-Biologie – hier gehen Künstler bewusst über das Symbolische hinaus und manipulieren das Lebendige. Welche Rolle kommt dem (Bio-)Künstler in einer Zeit zu, in der sich die Naturwissenschaften selbst zu potenten Bilderproduzenten gemausert haben? Stehen uns biotechnologische Homestudios ins Haus? Der deutsche Kurator und Mediewissenschaftler Jens Hauser und der australische Tissue-Culture-Künstler Oron Catts debattieren, wie Kunst mit Biomedien einerseits streitbare Zukunftsperspektiven inszeniert und andererseits subversiv Ängste und Hoffnungen im neuen Kult des Möglichen abwägt. Denn hinter den Praxen sich vermeintlich pandorisch oder promotheisch gebärdender Künstler-Ingenieure materialisiert jene Kunst gegenwartsphilosophische Hinterfragungen angesichts der fortschreitenden Technologisierung des Lebendigen, und veranschaulicht dem Menschen seine unmittelbare Zugehörigkeit zum Tier- und Pflanzen-Reich. Die Kunst der Transformation in vivo oder in vitro, welche Biomaterial auf Kleinstebene (Zellen, Proteine, Gene, Nukleotide) manipuliert, dekonstruiert unsere anthropozentrische Weltsicht und spiegelt den Makro- im Mikrokosmos. Wie lässt sich das instrumentalisierte Verhältnis zur Tierwelt halten, während in der Gen- und Stammzellforschung die Artenschranken fallen? Welchen Status hat ein Mensch, dem gentechnisch adaptierte Schweine-Organe transplantiert werden? Welcher „Natur“ werden seine Kinder sein? Welche Organe und Körperergänzungen lassen sich züchten, und wie reagiert Kunst auf die vollmundigen Versprechungen des biowissenschaftlichen Diskurses? Wird es dank Biotechnologie opferlose Fleisch- und Lederproduktion geben? Hauser und Catts diskutieren über das ästhetische Potential von Tissue Culture, und demonstrieren live „Disembodied Cuisine“ – eine Junkfood-Alternative zur Massentierhaltung – und „Victemless Leather“ als utopischer Bekleidungsersatz. 10. Dezember 2008 Kunst im Labor: Von kommunizierenden Fischen und aktueller Ethik Anthony Hall (UK) und Ellen ter Gast (NL) Je mehr die Grenzen zwischen Wissenschaft und Kunst verwischen, desto mehr muss sich der Künstler in seiner eigenen künstlerischen Praxis Fragen der Ethik stellen. Denn zunehmend operiert er an einer Grenze der Ethik, die selbst von der Wissenschaft immer wieder neu definiert wird, und im Kontext der Kunst noch einmal ganz anders zu setzen ist. Was der Wissenschaft zugestanden wird, gilt noch lange nicht für die Kunst. War das Tier früher in der Kunst als Objekt der Darstellung und als Symbol und Metapher unausweichlich, wird es heute selbst zum Medium der Kunst. Lebende Tiere werden für Performances und Installationen benutzt; sie werden in künstlerischen Versuchsanordungen erforscht und ausgestellt. Der britische Künstler Anthony Hall widmet sich derzeit in seinem viel beachteten ENKi-Projekt der Untersuchung elektrogener Fische, insbesondere ihrer Fähigkeit, zu kommunizieren und sich innerhalb elektromagnetischer Felder zurechtzufinden. Hall setzt diese Fische zur Gestaltung interaktiver Kunst und therapeutischer Anwendungen ein. Dieses wie auch andere seiner Projekte geht der Frage nach, wie wir in unserer Kultur visuell und ideologisch mit Wissenschaft und Technologie umgehen. Diese Frage stellt auch Ellen ter Gast in ihrer Forschungsarbeit als „Biophilosophin“. Die Niederländerin hat kürzlich in ihrer Publikation „Biotech Pioneers“ über die genetisch veränderte Labormaus philosophiert. Zusammen werden Hall und ter Gast an diesem Abend in wissenschaftlich basiertem und kurzweiligen Experiment und Dialog dem Mythos der schicksalhaftenVerbindung von Mensch und Tier in Kunst und Wissenschaft auf den Grund gehen. 21. Januar 2009 Design trifft Technoscience: Von anhänglichen Robotern und kuscheligen Atompilzen Fiona Raby (UK) und Jutta Weber (DE) Biotechnologie und die Weiterentwicklung digitaler Technologien werden sowohl gemeinsam als auch einzeln unser Leben in der Zukunft prägen. Gestalter sollten sich der Aufgabe stellen, in diesen Bereichen eine wichtige Rolle zu spielen. Es geht darum, sich nicht nur Wissen über diese neuen Medien anzueignen, sondern eine ganz neue Denkweise zu entwickeln. Wie wird es sein, lebende Materialien und Produkte zu gestalten? Welche Grenzen der Ethik werden fallen? Welche Aufgaben sollen Maschinen für uns in der Zukunft übernehmen? Die Gestalterin Fiona Dunne stellt sich diese Fragen zusammen mit ihrem Partner, Anthony Dunne. Dunne und Raby gelten als Protagonisten des „Critical Design“, einer Designpraxis, welche weniger die Gegenwart als die Zukunft im Blick hat und durch die Gestaltung hypothetischer Produkte die kritische Debatte um die Funktionsweisen, Ästhetik und Ethik neuer Technologien anregt. Dunne und Raby sind alles andere als technikgläubig. Ihre Prognosen und Konzepte sind immer ambivalent und tragen das hypothetische Potenzial von Sinnhaftigkeit und Zweck ebenso in sich wie die Dystopie und das Paranoide. Zum Beispiel in ihrer Designserie „Placebo“, die Objekte vorstellt, welche auf die Existenz von elektromagnetischen Wellen reagieren und so auch die Ängste ihrer Benutzer vor solcher Strahlung thematisieren. Kürzlich haben Dunne und Raby eine Reihe von mobilen Roboter-Prototypen der Zukunft entwickelt, die sich durch persönliche Beziehung zu ihren Nutzern und ausgeprägte Persönlichkeitsprofile auszeichnen. Durch ihr individuelles Verhalten stellen diese Roboter ihre Nutzer vor die Frage, wie man mit ihnen interagieren soll, statt ihnen einfache Interaktionsmuster anzubieten. Das Nachdenken über die Aufgaben und das Gestalten von Robotern, die sicherlich unseren Lebensraum in Zukunft zunehmend bevölkern werden, verbindet Fiona Raby mit Jutta Weber, die in ihrer Forschungsarbeit dem kulturellen Kontext von neuen Technologien auf den Grund geht. Sie sagt dem Roboter der Zukunft eine wichtige Rolle in der Alltagskultur voraus. Inkubatoren sind hier die US-amerikanischen und japanischen Medialabs, die schon seit Jahrzehnten an der Entwicklung von humanoiden Service-Robotern arbeiten. Doch der Sprung der Roboter in den Alltag und den Massenmarkt blieb bisher aus. Doch wie wird sich unsere Welt verändern, wenn wir einst von Robotern umgeben sind, die unser Verhalten kopieren? |
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Image: Anna Dimutriu Fortsetzung im Sommer 2009 Im Juni und Juli 2009 wird die Hybrid Encounters Reihe, die im Winter 08/09 startete, mit zwei Künstlern fortgesetzt, die jeweils einen Abend bestreiten. Wieder werden die Künstler eine Mischung aus Vortrag und Performance präsentieren, wobei in diesem Sommer der Anteil der Performance an den Abenden größer sein wird als im Winter. Am 19. Juni trifft die Britin Anna Dumitriu auf das Münchener Publikum. Am 9. Juli folgt der in Spanien lebende Brite Andy Gracie. Beide Abende werden von Susanne Jaschko moderiert und finden in englischer Sprache statt. 19. Juni 2009 Über unnötige Forschung and warum ich mit Bakterien spreche Anna Dumitriu (UK) Anna Dumitriu, Bio- und Performance-Künstlerin aus Brighton, wird an diesem Abend über ihre künstlerische Praxis Auskunft geben, die einen hohen Grad an Experiment und Transdisziplinarität aufweist. Dumitrius Kunst entsteht oft in enger Zusammenarbeit mit Kollegen aus der wissenschaftlichen Forschung. Häufig nimmt sie in ihrer performativen Arbeit die Rolle des Wissenschaftlers ein und stellt so paradigmatische Fragen zur Wissenschaft. Sie beschreibt sich als „selbst-organisierten“ Künstler und wird in ihrer Lecture-Performance erläutern, wie diese Selbstorganisation funktioniert und welche Rolle diese in der transdisziplinären Zusammenarbeit spielt. Des Weiteren wird sie ihre Arbeit im Rahmen des „Instituts für unnötige Forschung“ (Institut of Unnecessary Research) vorstellen, dem sie als Leiterin vorsteht, und aufzeigen, warum unnötige Forschung so wichtig ist. Ganz nach Albert Einstein, der meinte: „Wenn wir wüssten, was wir tun, würde es nicht Forschung heißen, oder?“ Der performative Teil des Abends besteht aus einem Experiment, das sich der Liebe erzeugenden, chemischen Kommunikation zwischen Menschen bedient. Eine nicht ganz ernst gemeinte Warnung an dieser Stelle: Das Experiment „Liebe ist in der Luft“ (Love is in the Air) könnte die Chancen der Zuschauer auf gleichgeschlechtliche Liebe steigern, wahrscheinlich ist dies aber nicht. Dumitriu benutzt für ihre Installationen, Interventionen und Performances teils traditionelle, teils „neue“, also biologische oder digitale Medien. Oft arbeitet sie außerhalb des traditionellen Kunstkontextes, wie Museum oder Galerie, und mit unterschiedlichsten Publika. Momentan ist sie Gastkünstlerin am Zentrum für Computative Neurowissenschaft und Robotik der Sussex Universität. 9. Juli 2009 Deep Space - Kunst über das Prinzip Leben hier und dort Andy Gracie (UK) Der in Spanien lebende Brite Andy Gracie forscht an der Schnittstelle zwischen sowohl Kunst und Wissenschaft, sowie biologischen und technischen Systemen. Auf der Basis dieser Forschungsarbeit entwickelt Gracie einzigartige prozessuale, dynamische Installationen, in denen ein Austausch von Daten/Information stattfindet und die so auf künstlerische Art das Prinzip des Lebens erkunden. Momentan arbeitet er an einer Installation, die auf Entdeckungen von geophysikalischen und biologischen Zuständen im All gründet und diese simuliert. Gacie ist einer der wenigen Vordenker auf seinem und hat mehrere Preise für seine außergewöhnliche künstlerische Praxis erhalten. In seiner Lecture-Performance wird er u.a. biotechnische Prozesse demonstrieren, die er in seinen Kunstwerken anwendet, wie etwa die Manipulation von Bakterien durch elektromagnetische Felder. In seinem Vortrag wird er den spezifischen kulturellen und wissenschaftlichen Kontext analysieren, in dem seine Kunst ansiedelt. |
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